Thats me

Die postpartale Kardiomyopathie

English below (Site 2)

Wenn dich die Schwangerschaft/Geburt fast dein Leben kostet.

Wie gerne hätte ich damals einen schönen Geburtsbericht geschrieben oder über die Wochenbettzeit geredet. Wie gerne wäre vor Glück geplatzt und hätte voller Energie über die erste Zeit mit unserer Tochter geschrieben, alle Neuigkeiten ausgeplaudert und einfach das letzte Mal, all das genossen und weitergegeben, was ich schon zweimal erfahren durfte und immer anders ist.
Leider konnte ich das nicht. Diese Phase wurde eine Woche nach der Geburt, mit schlechten Nachrichten und einer lebensbedrohlichen Situation unterbrochen.


Ich hatte ein paar Stunden nach dem Kaiserschnitt, den ich an sich sehr gut überstanden hatte, Atemprobleme und Magenschmerzen. Zudem hatte ich das Gefühl, das mir jemand den Brustkorb zusammendrückt. Den Druckschmerz spürt man in der Brust und zwischen den Schulterblättern. Zuerst dachte ich, dass sich meine Erkältung, die ich zuvor ausgebrütet hatte, nun verschlimmerte, denn ich hörte ein Rasseln und blubbern beim Atmen, als wenn ich etwas an den Bronchien hätte und verschleimt wäre. Man tat es auch als normal ab. Die Organe müssten ja nun auch erst einmal auf ihren alten Platz zurück und das könnte die Magenschmerzen auslösen.

Ein fataler Fehler, der mich fast mein Leben gekostet hätte!

Ich ging am dritten Tag nach Hause, da ich mich gut fühlte. Der Kaiserschnitt verheilte scheinbar wieder ohne Probleme und ich wollte einfach nur in ein richtiges Bett, mein Rücken würde es mir danken. Der Kleinen ging es auch gut und die Abschlussuntersuchung konnte direkt gemacht werden. Also war ich mittags zu Hause und fühlte mich bestens. Allerdings hörte das schwere atmen nicht auf. Ich legte mich immer seitlich und dann relativ hoch, damit ich überhaupt atmen konnte. So erging es mir auch in den letzten Schwangerschaftswochen und ich dachte, dass es nun einfach etwas länger dauern würde. Komisch kam es mir allerdings vor, denn das hatte ich so in den vorherigen Schwangerschaften nicht.

Der Gedanke, dass es vielleicht mit den Medikamenten zu tun haben könnte, legte sich ebenfalls, als es mir sonntags immer noch so schlecht ging. Ich hatte genug Bewegung aber auch ruhe. Ich passte wirklich auf mich auf und ich nahm auch die, Thrombose spritzen, um Problemen aus dem Weg zu gehen. Samstags stellte ich schon fest, dass mein linker Knöchel nicht mehr zu sehen war. Ich lagerte Wasser ein, was ich in der Schwangerschaft selbst, ja nur auf der rechten Seite tat, wenn ich lange stand oder unterwegs war. Montags entschloss ich mich dazu, dienstags die Klammern der Kaiserschnittnarbe ziehen zu lassen und mich dann auch diesbezüglich zu informieren, denn der Verdacht, dass es eine Lungenembolie sein könnte, verhärtete sich.

Dienstags wachte ich schon mit starken Atembeschwerden auf. Ich hatte die ganze Zeit ja schon Probleme, tief einzuatmen. Diesmal jedoch konnte ich nicht mal richtig in kurzen Phasen Luftholen, wie bei einem Krupp Anfall. Ich geriet schon in leichte Panik. Das verschlimmerte es natürlich erst. Als ich mich etwas beruhigte, war das Atmen zwar immer noch sehr schwer, aber die Panikattacken blieben aus. Wir fuhren ins Krankenhaus und ich musste dort auch mit starker Atemnot stehen bleiben, was mich direkt in die Notaufnahme katapultierte. Dort wurde ich auf Verdacht der Lungenembolie untersucht, was sich im Laufe der verschiedenen Untersuchungen zum Glück nicht bestätigte.
Bevor man mich mit Kind wieder auf der Gyn platzierte, lies man noch ein Ultraschall vom Herzen machen.

Das war der Anfang einer für mich bzw. für uns sehr schweren Zeit.

Mein Herz war leicht vergrößert und pumpte nicht mehr so, wie es, dass sollte. Man entschied sich, mich in ein anderes Krankenhaus zu verlegen, das sich besser damit auskannte. Nachdem ich stundenlang in der Notaufnahme rumlag, ich mich nicht hygienisch pflegen konnte, man bedenke, dass ich vor einer Woche erst entbunden hatte. Die Klammern wurden mir gezogen, wenigstens etwas. Ich lag dort von 9 Uhr am Morgen bis 16 Uhr am Nachmittag, ohne Essen und mit wenig trinken. Man eröffnete mir dann, dass ich in der Uni Klinik dann wohl über Weihnachten sein würde und ich wohl abstillen müsste, je nach Medikamenten Gabe. Jede Mutter sollte sich das gerade durch den Kopf gehen lassen. Du hast drei Kinder, eines davon gerade eine Woche alt und dann sagt man dir, dass du nun mehrere Tage, davon Weihnachten und der Todestag deiner Mutter, im Krankenhaus liegen wirst. Ohne dein Kind, ohne die Möglichkeit die Bindung zu vertiefen, dein Baby zu erleben, zu riechen und zu spüren. Das wichtigste einer Mutter nehmen und dann womöglich noch abstillen, obwohl es diesmal gut funktionierte.

Ich saß da und heulte….

Nichts und niemand hätte mir diese Situation so näherbringen können, dass ich es verstehe.
Als ich in die Notaufnahme der Kardiologie kam, wurde ich direkt an ein EKG gelegt, es wurde Blut abgenommen und ich bekam meine Dauerüberwachung angeklemmt. Ich musste zum x-ten Mal erzählen, mit welchen Symptomen ich ins Krankenhaus gefahren bin, wie es mir aktuell geht und natürlich gratulierte mir jeder Einzelne, der mich zum ersten Mal sah, zur Mutterschaft, die leider auf 2 statt 1 Woche datiert wurde. 

Immer wenn man mich über die Kleine befragte, schossen mir die Tränen in die Augen. Es tat so unsagbar weh, dass so plötzlich nichts mehr normal in meinem Leben war. Dass ich nicht nach er Geburt, normal meine Wochenbettzeit verbringen durfte, mein Baby immer um mich herum haben würde und die Bindung aufbaue, die ich auch bei meinen Jungs aufgebaut hatte.
Plötzlich lag ich näher am Friedhof als in unserem großen Bett. Man zog mir den Boden unter den Füßen weg und wunderte sich dann darüber, dass ich nur noch weinte und am liebsten nach Hause wollte.

Ich kam um 19 Uhr in ein Zimmer, konnte mich das erste Mal etwas frisch machen und etwas essen. Da mir der Appetit nach Prognosen wie; „Das wird ein paar Tage dauern!“ und „Es werden noch einige Untersuchungen folgen!“ gründlich vergangen war, legte ich mich hin und versuchte die Zeit wegzuschlafen. Müde war ich ja schon seit vielen Wochen. Meine Kleine hatte ich nun seit Stunden nicht mehr gesehen und mein Herz wurde noch schwerer. Ich heulte mich in den Schlaf.

Natürlich wurde ich alle Stunde geweckt, um meinen Blutdruck zu messen. Außerdem wurde dann irgendwann in der Nacht eine Frau eingeliefert und in meinem Zimmer untergebracht. Das ist etwas, dass ich zusätzlich zur ganzen Krankenhausatmosphäre nicht kann und mir deshalb immer Einzelzimmer geben lasse. In dieser Nacht wurde ich dann noch zum Röntgen der Lunge gefahren, nachdem ich das erste Mal abpumpen konnte. Glaubt mir, es ist ein unbeschreibliches Gefühl, wenn die Brust Milch aufbaut, der Druck steigt und sie dann nirgends hin kann. Ich hatte nachmittags vor dem Transport in die Uni Klinik, bereits mit einer elektrischen Pumpe den Druck ablassen können. Als ich dann in der Nacht etwas Milch loswurde, konnte ich zumindest wieder schlafen.

Leider wurde mir erst irgendwann am nächsten Tag eröffnet, dass ich komplett abstillen müsste, da die Medikamente, die ich bekam, in die Muttermilch übergehen und gefährlich für mein Kind seien. Also immer nur minimal Milch ausstreichen. Diese Art des Abstillens dauert doppelt so lange, als wenn ich mit einer Tablette abgestillte hätte.

Als mein Mann mit unserer Tochter zu Besuch kam, war es bei mir vorbei. Ich wollte nur noch Heim. Ich wollte gehen, obwohl ich dem Professor bei der Morgen Visite versprochen hatte, Ihnen diesen Tag zu geben, um weitere Untersuchungen zu machen. Er veranlasste auch, dass ich ein Einzelzimmer bekomme, damit ich die Kleine bzw. die Kinder öfter sehen konnte. Ich heulte und weigerte mich vernünftig zu sein. Ich wollte nicht verstehen, dass es wichtig war, diese Untersuchungen machen zu lassen. Man konnte mir nur sagen, dass es wahrscheinlich eine durch die Schwangerschaft ausgelöste und recht seltene Herzerkrankung ist, die man in den Griff bekommen kann, ich aber auf Tabletten eingestellt werden müsste, was nur stationär möglich war. Erst als die Ärztin mir eiskalt ins Gesicht sagte, dass ich mit meiner Entlassung, das Risiko eines plötzlichen Herztodes eingehe, versuchte ich mich selbst zu zwingen, meinen Verstand zu nutzen. Würde ich mich selbst entlassen, wäre ich unter jeglicher Kontrolle. Mein Herz hatte nur noch 20 % -30 % Pumpleistung gezeigt. Das war eindeutig zu wenig, um zu überleben.


Ich blieb…

Wenige Minuten nach dem Gespräch kam ich auf Station und in ein Einzelzimmer. Endlich konnte ich mobil sein. Ich war zwar unter dauerhafter Kontrolle, allerdings sind die Herzkontrollen nun mit Funk, damit man auch aufstehen und laufen kann.

Das machte es auch für mich einfacher, da ich mit diesen Betten sehr große Probleme habe, mir mein Rücken starke schmerzen bereitete und es auch auf die Psyche ging. Ich machte mich frisch, zog mich um und versuchte positiv und kämpferisch zu denken. Ich bekam auch einen Psychologen an die Seite gestellt, der sich mit mir unterhielt. Das Ganze half mir sehr und ich hielt es dann auch bis Weihnachten dort aus.

Leider konnten mich die Kinder nur einmal besuchen, da unser Auto kaputtgegangen war. Ich versuchte so viel Kontakt über WhatsApp und Telefon mit meinem Mann zu halten, dass ich gar nicht erst anfing wieder in alte Muster zurückzufallen.


Ich habe sehr lange gebraucht, um überhaupt zu begreifen, was da passiert war.

Die Herzerkrankung hat sich wohl bereits in den letzten Wochen der Schwangerschaft gebildet. 

Die Postpartale Kardiomyopathie PPCM 

ist eine seltene, lebensgefährliche Herzerkrankung bei vorher gesunden Frauen, die innerhalb der letzten Schwangerschaftswochen bis sechs Monate nach der Geburt auftritt.  


Symptome sind plötzlich auftretende Herzinsuffizienz mit Husten, Beinödemen, allgemeiner Abgeschlagenheit und Herzrasen und kann binnen weniger Wochen zum Tod führen. Die genaue Ursache und die Entstehungsweise der Krankheit sind noch unbekannt.

Rauchen, Präeklampsie, Bluthochdruck, die Einnahme tokolytischer Medikamente, Zwillingsschwangerschaften, Teenagerschwangerschaften und Schwangerschaften bei älteren Frauen Risikofaktoren, die die Wahrscheinlichkeit, an PPCM zu erkranken, erhöhen. Allerdings sind ein Viertel bis ein Drittel aller Erkrankten junge, gesunde, Erstgebärende Frauen ohne jegliche Vorbelastung. Daher lässt es sich schwer einschätzen, wer an PPCM erkranken kann.

Ich z.B. lieferte „nur“ Adipositas und ein alter von 34 Jahren.
Ich hatte vorher keine Medikamente eingenommen, hatte keinen Bluthochdruck, außer in den letzten beiden Schwangerschaften; hatte nie gesundheitliche Probleme, 4 Jahre zuvor das Rauchen aufgegeben, trinke keinen Alkohol, hatte in den Schwangerschaften zuvor keine Probleme.
In der Familie liegen Herz und Krebserkrankungen vor.

Es wird vermutet, dass Prolaktin ein, wenn nicht sogar der Auslöser dieser Erkrankung ist.
Prolaktin ist ein Hormon, das während der Schwangerschaft und Stillzeit vom Hypophysenvorderlappen in bestimmten Abständen in großen Mengen gebildet wird und das die Milchbildung, das Wachstum der Brustdrüsen und die Rückbildung der Gebärmutter nach der Geburt anregt.
Leider kann ich noch nichts Genaues darüber erzählen, da ich keine großartigen Informationen bekommen habe. Es wird auch noch geforscht, da man einfach noch zu wenig darüber weiß.
Zum Glück konnte man die Sterblichkeit reduzieren und die Patientinnen auf Tabletten einstellen.

Mein Weg ist noch lange nicht zu Ende.

Wenn ich nicht direkt sterilisiert worden wäre, dürfte ich spätestens jetzt, keine Kinder mehr bekommen, denn durch eine weitere Schwangerschaft, wird es gefährlicher und könnte den plötzlichen Herztod schneller auslösen.

Mir wurde, bevor ich entlassen wurde, eine LifeVest verordnet. Es ist eine Weste, die geschnitten wie ein Sport BH, mit Sonden und Defibrillator platten am Rücken und unter der linken Brust, ausgestattet ist. Die Sonden messen die Herzaktivität, so wie es auch im Krankenhaus gemacht wurde. Sollte eine Rhythmusstörung auftreten oder gar ein Herzstillstand, so reagiert das Gerät und verpasst eine Reanimation.

Die Kabel sind mit einem Gerät verbunden, das immer mitgetragen werden muss. Das sendet alle Daten an das Hauptgerät, welches auch immer die Akkus auflädt. Die Station übermittelt diese Daten dann, an die Hauptzentrale und alle Ärzte haben Zugriff darauf. Ich stand also immer unter Kontrolle.
Meine Tabletten werden noch weiter angepasst. Die LifeVest Miete wurde mir 2 Monate verschrieben, hatte meine Krankenkasse nicht bezahlt. Die wollten eine OP. Eine OP wäre in diesem Umfang nicht Sinnvoll gewesen. Wenn man sich erst einmal im Klaren darüber ist, wie schnell das Leben vorbei sein kann, dann bekommt man es doch mit der Angst zu tun.

MaLa

Mala Fauerbach

Autorin und alleinerziehende Mutter mit AuDHS.

Für dich vielleicht ebenfalls interessant...