Autorenseite Bücher Ebooks Talent-los

Leseprobe: Renew me

Script von Oktober 2020

Liebe Leserinnen und Leser,

ich heiße euch herzlich willkommen und freuen mich, euch die ersten vier Kapitel von „Renew me“ als kostenlose Leseprobe zur Verfügung zu stellen.


Viel Vergnügen!
Ps: Wenn ihr mich gerne unterstützen möchtet, wäre eine Rezension ganz toll. Danke!
Mala

Buchcover

Kapitel 1


… deshalb laden wir Sie herzlich ein, uns in unserem Studio zu besuchen und unsere Moderatoren kennenzulernen.

Melissa hatte nun schon das zehnte Mal diesen Brief gelesen und konnte es immer noch nicht fassen. Wieso? Wieso hatte ihre beste Freundin das nur getan? Vor dem Frühstück hatte der Briefträger bei Melissa geklingelt und ihr ein Einschreiben überreicht. Leicht irritiert über den Absender, hatte sie sich damit in die Küche gesetzt und sich einen Kaffee eingeschenkt. FamilyTV Productions South Carolina. Was zum Henker wollte ein TV-Sender von ihr? Sie war erst seit etwas über einem Jahr in Amerika und außer ihrer besten Freundin und ihren Arbeitskollegen, kannte sie hier niemanden. Und die Männer, mit denen sie Dates hatte, kannten nicht mal ihren Nachnamen.
Melissa war sprachlos. Sie konnte nicht glauben, dass Zoe so etwas ohne ihr Wissen getan hatte.

Lost your weight, be a new one!


Ja sie war übergewichtig und ja es nervte sie, aber wie konnte ihre vermeidlich beste Freundin, sie nur in einem TV-Format anmelden? Öffentlich vor Millionen von Menschen zeigen, wie sie wirklich aussah.
Seit dem Tod ihrer Mutter vor fünf Jahren war sie allein. Keine Familie, keine Kinder und keinen Partner. Ihre beste Freundin war kurz nach dem Tod nach Amerika ausgewandert, da sie dort ihren Mann geheiratet und ihren neuen Job angefangen hatte. Irgendwann bot Zoe per Skype Melissa an, nach Amerika zu kommen. Der freie Job wäre wie für sie gemacht und sie musste einfach aus ihrem Umfeld heraus, sonst würde sie sich noch weiter ins Unglück ‚fressen‘! Nun saß sie mit diesem Brief in ihren zittrigen Händen am Esstisch, in ihrem kleinen Appartement und spürte, wie die Tränen an ihren Wangen, zäh wie Honig, hinunterliefen. Ihr Blick verschwamm und die Buchstaben, auf dem festen Papier, waren nicht mehr zu erkennen. Sie schloss für einen Moment die Augen und sah sich vor einem Spiegel stehen. Sie konnte es nicht ertragen, was sie aus sich gemacht hatte, wie sie sich hatte gehen lassen. Das Zittern löste den Brief aus ihren Händen, welcher gen Boden segelte. Das Schluchzen ließ alle Dämme brechen und die Tränen strömten nur so aus ihren Augen. In ihrem Inneren kämpften die Gefühle miteinander.
Die Wut auf Zoe, der Selbsthass, dass Leid und die Trauer.
Nur für einen Moment hatte sie sich diesen Gefühlen hingegeben, ehe sie die Kraft dazu hatte, den Brief aufzuheben und in ihre Tasche zu stecken. Und wie so oft, wenn es ihr nicht gut ging, überlegte sie, was sie tun sollte. Ein scharfer Blick auf das Smartphone wurde von einem sanften, Richtung Kühlschrank abgelöst. Wie sollte es auch anders sein? Wie jedes verdammte Mal gewann das Essen. Statt ihrer Freundin die Meinung zu sagen, holte sie sich ihre Nervennahrung.
Nutella, Butter und frische, deutsche Brötchen, die sie für das Frühstück geholt hatte. Aber sie würde noch einkaufen gehen müssen, denn das würde definitiv nicht helfen, da mussten noch Chips und Süßigkeiten her! Zwei Nutella-Brötchen später, bereute sie, nur zwei gekauft zu haben. Dann wechselte das Gefühl in Selbsthass und Enttäuschung. Zum Glück hatte sie nur zwei gekauft! Warum musste das jetzt nur wieder passieren? Warum hatte sie sich erneut so gehen lassen? Ihr ging es, kaum dass der Nuss Nougat Geschmack vergangen war, kein Deut besser, ganz im Gegenteil, sie fühlte sich hundsmiserabel! Erneut stiegen Tränen in ihr auf. Sie war Fett! Sie war keine schöne Frau und würde niemals einen Partner finden, der sie glücklich machte und mit dem sie eine Familie gründen würde. Warum konnte sie diesen Heißhunger nicht stoppen? Warum glaubte sie, nach allem, was sie nun schon selbst wusste, immer noch, dass es ihr besser gehen würde, wenn sie aß? Vor ihrer Abreise hatte sie sich geschworen, in dem neuen Land, ein neues Leben zu starten. Ernährung umstellen und endlich abnehmen! Ob gerade Amerika da die passende Wahl war, ließ sie Mal dahingestellt.

Nach der Beerdigung ihrer Mutter hatte sie immer mehr zugenommen. Nie war sie schlank, aber sie hatte zumindest eine Figur. Jetzt war sie nur noch ein Klops! Ihr Gewicht war dreistellig geworden und in ihrem ersten Jahr in den USA, hatte sie 15 Kilo verloren. Sie war stolz darauf, ernährte sich eigentlich auch die meiste Zeit gesund. Gemüse, Salate, weißes Fleisch und wenig Zucker. Dennoch lagen diese Kilos wie ein Mantel um sie herum.
Gott sei Dank war sie groß, da waren die über hundert Kilo damals nicht so ins Auge gestochen, wie die 126 kg, die sie jetzt mit sich herumschleppte.
Sie stand vor ihrem Spiegel und drückte mit den Händen, den Bauch in alle Richtungen. Sie war verzweifelt, darüber, wie sie aussah, was sie sich angetan hatte und dass sie einfach nicht stark genug war, zu kämpfen. Ihre Beine waren okay, sie mochte ihre Beine. Aber der Bauch und der Rücken, es war furchtbar! Für ein Besuch im Fitnessstudio war sie zu feige. Sie wollte sich niemandem so zeigen, vor anderen Schwitzen wie ein Schwein und das Fett, das jeder sehen konnte, sollte eben nicht jeder sehen! Sie machte sich nur etwas vor, wenn sie glaubte, ihre zeltähnlichen Kleidungsstücke, würden die Speckrollen verdecken. Jeder sah es und jeder wusste es. Und doch, sie konnte es einfach nicht. Und nun sollte sie damit ins Fernsehen? Niemals!
Sie quetschte sich in ihre Jeans, die dank eines hohen Bundes handbreit über dem Bauchnabel reichte und somit oben blieb. Ein Sport BH, alles andere war zu klein oder zu eng, für die erschlafften D-Körbchen und den extremen Umfang.
Ein schwarzes T-Shirt und Turnschuhe, fertig! Schminken brachte nichts, sie würde es eh wegschwitzen. Ihre Haare, dünn und schlaff, band sie in einen Knoten. Statt Brille nutzte sie normalerweise Kontaktlinsen, aber jetzt musste sie einkaufen, dringend! Also Sonnenbrille in Sehstärke auf die Nase und los.

Im Markt quälte sie sich durch die Regale. Sie wollte gesund einkaufen, an den Süßen und salzigen Leckereien vorbeigehen, aber sie war schwach. Neben Gemüse, Salat, Obst und Geflügel, landeten Chips und diverse Schokoladen Sorten in ihrem Wagen. Zum Glück trank sie nur Wasser und ab und zu, zum Essen Zero Getränke, sonst würde dieses Wochenende, alles zunichtemachen, was sie sich in dem vergangenen Jahr erarbeitet hatte.
Mit vollem Mund saß sie auf ihrer Couch und sah sich Bridget Jones an. Die Chips waren schnell gegessen und die Schokolade kämpfte auch nicht dagegen an, in ihrem Mund zu verschwinden. Ihr wurde schlecht und endlich sah sie, was sie getan hatte. Ihre Vorräte, die sie für diesen Monat gekauft hatte, sie lagen als leeres Papier um sie herum. Warum heulte sie denn jetzt? Sie war doch selbst schuld! Schwach! Sie war einfach nur schwach und würde es nie schaffen, ihr Wohlfühlgewicht zu bekommen. Ein Gewicht, das nicht lebensgefährlich war, dass ihren Rücken und ihre Knie in Mitleidenschaft ziehen würde. Da war sie wieder, die Wut auf sich selbst. Eilig schnappte sie die Folien und stopfte sie in die leere Einkaufstüte. Es schepperte, als sie den Mülleimer zuknallte und das Schnaufen aus ihrem Mund wurde stärker. So konnte es einfach nicht weitergehen! Sie musste etwas machen, und zwar jetzt! Sie holte den Brief aus ihrer Handtasche und las erneut.

Sehr geehrte Miss Keller,
herzlichen Glückwunsch! Die Bewerbung Ihrer Freundin Zoe Brown für Sie hat uns überzeugt! Wir möchten Sie und Ihre Geschichte gerne in unserer Serie Vorstellen und Sie ein Jahr dabei begleiten, wie Sie sich in einen neuen Menschen verwandeln.
Wir haben für Sie bekannte Ernährungsberater, Ärzte und Sportler zur Unterstützung und als wichtige Ansprechpartner, die sich schon sehr auf Sie freuen. Sie werden mit Ihnen eine Vorabuntersuchung machen, Sie Beraten und einen Plan erstellen. In abgesprochenen Zeiträumen werden wir mit einem Filmteam vor Ort sein und dokumentieren, was Sie tun und wie es Ihnen geht. Die restliche Zeit wird von Ihrem „Team“ zusammengestellt.
Keine Angst, alle kosten werden von uns übernommen, daher wäre es schön, wenn Sie sich noch heute bei uns melden, um mit uns einen Termin abzusprechen. Das Kennenlernen findet in Philadelphia statt. Dort wird Ihnen alles Weitere erklärt. Sie bekommen einen Vertrag und können uns Ihre Fragen stellen. Deshalb laden wir Sie herzlich ein, uns in unserem Studio zu besuchen und auch unsere Moderatoren kennenzulernen.


Mit freundlichem Gruß
Jenna Clark
Betreuung und Organisation.


Tief in ihrem Inneren wusste sie, dass es an der Zeit war, etwas zu ändern. Im Briefkopf lachten ihr die Telefonnummer und E-Mail-Adresse entgegen. Widerwillig jonglierte sie mit den Gedanken, dann kopierte sie die E-Mail-Adresse und beschloss, sich auf dieses Abenteuer einzulassen. Sich treffen hieß nicht, dass der Vertrag unterschrieben würde. Sie wollte sich anhören, was sie ihr boten und wie der Ablauf genau sein würde. Kaum das die E-Mail verschickt war, schrieb Zoe eine Nachricht. Oh, wie wunderbar passte dies gerade zu ihrer Laune.

Hey Mel, wie gehts? Zeit für einen Filmabend? Mark ist auf einem Junggesellen Abschied, der wird heute nicht mehr auftauchen. <<
Trifft sich gut, wir beide haben sowieso etwas zu klären!
Innerlich freute sie sich gerade, denn Zoe würde nun überlegen und vor schlechtem Gewissen nicht wissen, was sie als Erstes tun sollte.
Was ist denn los? <<
Das sage ich dir persönlich! Ich mache jetzt meinen Haushalt, gegen 18:30 Uhr mit Film bei mir. <<
Damit ließ sie ihr Smartphone auf dem Schrank liegen und schmiss sich in eine kurze Hose, um ihre Wohnung sauberzumachen. Zu lauter Musik, wischte sie Staub, saugte und putzte den Boden. Sie räumte sogar ihren Schreibtisch auf. Schon nach kurzer Zeit, war sie geschwitzt und die Tropfen fielen ihr von der Stirn, dem Kinn und rannen an ihren Haaren hinunter. Sie hasste es. Das war definitiv ein Grund, in kein Studio zu gehen oder sich anderen beim Sport zu zeigen. Abgesehen davon, dass sie sich kaum Bewegen und somit die Übungen kaum machen konnte, war dieses Schwitzen einfach nur eklig und peinlich.
Zoe war überpünktlich und auch leicht nervös. Melissa hatte sich in ein weites Trägertop und eine Leggins gesteckt, was für einen Abend auf der Couch, das bequemste überhaupt war. „Sagst du mir, was ich verbrochen habe oder lässt du mich noch länger leiden?“ Die kleine Blonde war sichtlich nervös. Immer wieder fuhr sie sich mit den Fingern, durch die hellblond gefärbten Wellen und kaute an ihrer Lippe herum. Zoe war zwar klein, aber ihr Mundwerk umso größer. Es war ihr nie etwas peinlich oder unangenehm. Sie hatte sogar durchgesetzt, dass sie ihre tätowierten Arme bei Konferenzen und Kundengesprächen zeigen durfte, wenn es das Wetter nicht vermeiden ließ. Sie waren schon viele Jahre befreundet und sie war immer ehrlich zu ihr gewesen, auch und gerade wegen ihrer Figur und dem, was daraus resultieren konnte. Sie akzeptierte Melissa, wie sie war, sie hatte nur Angst um sie und sie wusste, wie sehr die Größere von beiden darunter litt.
„Ich werde es dir zeigen und dann hoffentlich eine Erklärung von dir bekommen.“ Mit Schwung hievte sich Melissa hoch und holte unter den neugierigen Augen ihrer Freundin, dass Schreiben von ihrem Schreibtisch. Zoe wurde leicht weiß um die Nase, als sie sah, dass Mel einen Brief in der Hand hielt. Eine Befürchtung, was es sein konnte, hatte sie. „Das hat mir der Briefträger heute Morgen gebracht. Interessant!“
Mit einem bösen Blick hielt sie Zoe das Schriftstück unter die Nase. Schon der Briefkopf bestätigte ihre Vorahnung. Ein Lächeln legte sich dann allerdings auf ihr Gesicht, als sie ihn las. „Hey, das ist großartig!“ Melissa fiel alles aus dem Gesicht. Wie konnte sie sich darüber auch noch freuen? „Du lachst? Was zum Teufel hat dich da geritten? Normalerweise könnte ich dich dafür aus dem Land jagen! Wie konntest du nur?“
Zoe legte den Brief gefaltet auf den Tisch, nahm einen Schluck aus ihrer Bierflasche und legte sich in aller Ruhe auf der Couch zurück in die Lehne. „Was Besseres konnte dir nicht passieren! Hast du dir diese Sendung mal angesehen?“ Melissa schüttelte den Kopf. „Nein habe ich nicht! Niemals würde ich ins Fernsehen gehen und jedem meinen Körper zeigen!“ Zoe prustete Luft aus und zog die Augenbrauen nach oben. „Mel, ich bitte dich, du zeigst dich jeden Tag auf der Straße und auf der Arbeit. Du führst Kundengespräche, hältst Vorträge und nun willst du mir damit kommen, dass du dich anderen nicht zeigen willst?“ Nun wurde Melissa sauer. Dass ihre Freundin sich gerade so oberflächlich zeigte, verletzte sie.
„Da stehe ich nicht in meinen Alltagsklamotten rum, da werden vorher/nachher Bilder gemacht, da stehe ich auf einer Waage und muss für die Untersuchung einen Belastungstest machen. Sport BH und Trainingshose! Jeder wird sehen, was ich selbst nicht sehen will! Und du, die sich als meine beste Freundin ausgibt, die selbst keinerlei Probleme mit ihrer Figur hat, will mich nun vorführen? Vergiss es!“ Aufgebracht riss sie sich aus dem Sessel und verschwand in der Küche. Die Tränen schossen ihr aus den Augen und das konnte in diesem Moment nur ein Stück Schokolade richten. Wild durchsuchte sie ihre Schubladen und Schränke, aber nichts war zu finden, hatte sie es doch bei ihrem Anfall vorhin aufgegessen. Zielstrebig schnappte sie sich einen langen Eislöffel und öffnete das Schraubglas der Nuss Nougat Creme.
„Genau deswegen habe ich es getan!“ Zoes Stimme schreckte Melissa hoch. „Waff?“ „Jedes Mal, wenn du Stress hast, traurig oder einsam bist, schaufelst du dir das Essen rein und hoffst, dass es dir danach besser geht. Tut es aber nicht!“ „Und woher willst du das Wissen?“, trotzig drehte sich Melissa weg. „Weil du mich danach weinend anrufst oder ich es dir ansehe! Wir kennen uns schon so lange und ich habe all die Veränderungen miterleben müssen, dein Leid gesehen und deine Träume platzen hören.
Du wünschst dir eine Familie und Zufriedenheit mit und in deinem Körper. Aber allein wirst du das niemals schaffen! Die Menschen, die du dort an die Seite bekommst, sind Profis. Sie werden dir helfen, dich Unterstützen und auch Mal in den Hintern treten, wenn der Schweinehund dich überredet hat, etwas zu tun, was falsch wäre. Du musst nur den ersten Schritt tun!“ Melissa stellte das Glas zur Seite und leerte die Hälfte einer kleinen Wasserflasche. Ohne etwas zu sagen, holte sie ihr Telefon, das noch immer auf dem Schrank lag und öffnete ihren E-Mail-Account. Doch ehe sie Zoe, die E-Mail zeigen konnte, die sie geschrieben hatte, entdeckte sie, dass sie eine Antwort von Jenna bekommen hatte.

Hallo Melissa,
vielen Dank für deine schnelle Antwort. Wir freuen uns sehr, dass du dich dazu entschlossen hast, uns kennenzulernen. Wir werden dir alle nötigen Unterlagen zuschicken, plus Flugticket und Buchungsbestätigung des Hotels. Wir werden all deine Fragen beantworten und du wirst unser Team kennenlernen. Leider wird unser Trainer nicht dabei sein, da er Termine abarbeiten muss, um dann viel Zeit für dich zu haben.
Ich wünsche dir ein schönes Wochenende und bis bald.
Jenna Clark


„Alles okay?“ Zoe legte ihre Hand auf Mels Schulter und versuchte, in deren Blicken zu lesen. „Ja, alles ok. Ich wollte dir nur etwas zeigen, aber da kam gerade die Antwort.“
Sie hielt Zoe das Telefon hin und wartete auf die Reaktion, die sich schon vor ihrem Inneren Augen abspielte. „Das … Das ist doch großartig! Warum erschreckst du mich denn so, wenn du es doch vorhattest?“ „Ganz einfach Zoe, du hast, ohne zu fragen, etwas getan, das charakterlich, unterste Schublade ist. Du hättest mit mir reden sollen! Das hat bei mir heute Morgen einen Fressflash ausgelöst, weißt du, wie es mir danach ging? Wie schlimm das für mich ist? Du hast keine Ahnung davon, wie es ist, in so einem Körper zu stecken, du hast keine Essstörung, kein schlechtes Gewissen, keinen Selbsthass! Du bist normal.“ Melissa rempelte Zoe etwas an, als sie an ihr vorbei zurück ins Wohnzimmer rannte. „Ich habe meine eigenen Probleme und kann tatsächlich nicht wissen, wie es dir geht ja, aber ich wollte und will, dir aus der Sache helfen. Und damit hast du die Chance! Sie haben Therapeuten, Trainer und Berater. Ich glaube, der Sportler ist nicht unbekannt und der Ernährungsberater arbeitet mit vielen Stars und TV-Formaten zusammen. Der Arzt ist auch bekannt, er hat eine Praxis für Adipositas Patienten, die an seinem Programm teilnehmen und er macht Magen OPs.“ Melissa riss die Augen auf. „Magen OPs? Aber nicht für mich!“ „Nein keine Angst, bei dir geht es darum, die Ernährung auf dich abzustimmen, ein personalisiertes Sport Programm, das der Trainer oder Sportler, keine Ahnung wer es ist, mit dir zusammen macht. Soviel ich weiß, wirst du vier Wochen in seinem Studio trainieren und danach wieder zu Hause, wo er dich dann ab und zu besucht. Wahlweise kannst du aber auch für ein Jahr dort eine Wohnung anmieten und das Studio nutzen.“ „Kannst du mir Mal verraten, wie ich das mit der Arbeit machen soll? Ich bin erst seit einem Jahr fest dabei und soll dann einfach Mal für ein Jahr auf Home-Office umsteigen, weil ich in die Nähe von meinem Trainer, den ich nicht Mal kenne, ziehen soll? Jetzt drehst du aber ganz durch!“ Zoe fing an zu lachen. „Natürlich nicht, wir warten erst einmal, wer das sein wird und wo das Studio dann ist. Vielleicht haben wir da auch ein Büro in der Nähe. Wenn nicht, hört sich Home-Office auch nicht ganz verkehrt an.
1-2 Mal im Monat kommst du zu den Meetings, den Rest machst du am Computer. Die meisten Kunden kann ich übernehmen und andere triffst du einfach vor Ort, dann haben die den Anreiseweg gespart. Lass doch erst einmal alles auf dich zukommen!“

Auf den Film konnte sich Melissa schon nicht mehr wirklich konzentrieren, immer wieder ging ihr dieses Abenteuer durch den Kopf, auf das sie sich, so blöd wie sie war, eingelassen hatte. Zoe blieb das natürlich nicht verborgen. Sie schaltete den Film aus und sah sie an. Melissa hatte nicht Mal gemerkt, dass sie auf ein schwarzes Bild sah. Total in Gedanken biss sie sich auf dem Daumennagel herum. „Sag Mal, was geht dir denn durch den Kopf? Teil deine Sorgen mit mir.“ Ein leichtes Augenflattern kündigte die Rückkehr der Träumerin an. Sie blinzelte kurz und wandte sich dann ihrer Freundin zu. „Es geht mir nicht Mal um das, was auf mich zu kommt, sondern eher, wer! Ich weiß, was bei der Ernährung auf mich zukommt. Ich weiß auch, dass ich Sport machen muss, bis zum Erbrechen, aber ich weiß nicht, wie die Menschen sein werden, die sie mir an die Seite stellen. Du weißt, wie ich damit umgehen kann, wenn man mich anschreit!“ Zoe prustete amüsiert los. „Ja das weiß ich, du schreist zurück und wirst biestig!“ Sie sahen sich kichernd an. „Ich möchte einfach, das wenn ich mich schon zum Idioten mache, dass man mir so entgegenkommt, wie ich es brauche, man mir hilft und versteht. Diese arroganten Trainer, wie man sie hier überall findet, bewirken bei mir eher das Gegenteil!“ „Mel, ich habe keine Ahnung, es gab viele verschiedene betreuende Personen in den folgen und diesmal wird es zwei neue geben. Ich hoffe, du erfährst es in Philly!“

Der Morgen fing anders an als gewöhnlich. Melissa stand nicht erst um 10 Uhr auf, sondern wie jeden Tag um 7 Uhr. Sie spazierte zum Bäcker, kaufte sich dort ein Vollkornbrötchen und Karottenbrot. Gerade wegen diesem Bäcker, liebte sie diese Gegend. Ein deutscher Bäcker war selten, aber sein Laden brummte, denn auch die Amerikaner, lernten, ein gutes Brot zu lieben. Das war einfach besser als das ständige Weißbrot. „Du Peter, machst du auch Brot und Brötchen, nach Wunsch? Ich brauche Eiweißbrot und Ketogene, ohne das normale Mehl. Das bekommt man nicht und wenn, dann nicht ohne Zucker und selbst machen, wäre eine Katastrophe!“ „Ich backe auch auf Wunsch, sag mir nur für welchen Zeitraum und du hast beides.“ „Derzeit Sonntag würde es allerdings auch schon Samstag abholen.“ Der große dunkelhaarige Bäcker notierte sich ihren Wunsch und steckte ihn ein. „Ich werde meinen Burschen Beine machen und dann hast du am Samstag das erste Mal welche. Den Rest verkaufe ich sicherlich auch an meine anderen Kunden.“ „Ich danke dir!“ Melissa strahlte und schnappte sich ihr Frühstück. Ausnahmsweise lief sie die große Runde bis nach Hause. Wenn sie etwas ändern wollte, dann musste das jetzt sein und nicht erst irgendwann.

MaLa

Mala Fauerbach

Autorin und alleinerziehende Mutter mit AuDHS.

Für dich vielleicht ebenfalls interessant...

Schreibe einen Kommentar